Vor Kurzem ist das Projekt Online Recruiting Praxis 2015 (#OReP15) gestartet. Die Recruiting-Experten von upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg unterziehen im Jahresverlauf Unternehmen verschiedener Branchen und mittelständische Arbeitgeber einem differenzierten Recruiting Check. In der ersten Staffel stand der Mittelstand im Fokus. Eine von vier untersuchten Dimensionen sind die Karriereseiten. Lesen Sie hier, was das Projektteam bei der Analyse herausgefunden hat und wie Mittelständler mehr aus ihrer Karriereseite machen können.
Alle haben eine Karriereseite, aber …
Bei der Analyse der Karriereseiten im Mittelstand werden unterschiedliche Themen differenziert analysiert. Dazu gehören
- die Inhalte der Karriereseiten (Information und Interaktion)
- ihre Benutzerfreundlichkeit (Usability)
- die Erreichbarkeit (Auffindbarkeit von der Unternehmenswebseite und über Suchmaschinen)
Die Einzelergebnisse fließen in einen Gesamtindex ein, der sich auf einer Skala zwischen 0 und 100 bewegt. Im Durchschnitt liegen die betrachteten 48 Unternehmen (geschichtete Zufallsauswahl) bei 47,82 Punkten. Da ist also einiges an Luft nach oben. Schaut man sich die Verteilung nach Größenklassen an, kann man allerdings Folgendes feststellen:
- Größere Mittelständler haben tendenziell bessere Karriereseiten. Der Karriereseiten Index von mittelständischen Arbeitgebern mit über 1.000 Beschäftigten liegt bei 60,87; die Indizes der anderen Größengruppen liegen hingegen eng beieinander zwischen 41,39 und 45,26.
- Im Feld der kleinen und mittleren Mittelständler ist die Streuung der Qualität der Karriereseiten deutlich höher als bei größeren Mittelständlern.
- Auch unter den kleinen und mittleren Arbeitgebern im Mittelstand erreichen einzelne recht gute Indexwerte und können gut mit größeren mithalten.
Wie unterscheidet sich die Qualität der Karriereseiten?
Inhaltsanalyse
- Für Bewerber wichtige Unternehmensfakten über Geschäftsinhalte, Standort(e), Unternehmensgröße und Corporate Social Responsibility werden mit zunehmender Unternehmensgröße häufiger entweder direkt auf der Karrierewebseite präsentiert, verlinkt oder sind schnell auffindbar.
- Das größte Manko in Bezug auf die bereitgestellten Unternehmensfakten liegt größenübergreifend in den Bereichen Unternehmensgröße und Corporate Social Responsibility.
- Emotionale Einblicke z.B. über Beschreibungen zu Arbeitsfeldern, Mitarbeiterstimmen oder audio-visuelle Beiträge fehlen bei 59% der untersuchten Mittelständler ganz oder überwiegend. Auch in diesem Bewertungsbereich kann man einen größenabhängigen Anstieg der Bewertung feststellen.
- Nur 10% der mittelständischen Arbeitgeber informieren umfassend über ihre Arbeitsbedingungen; der weitaus größere Teil von 36% informiert gar nicht bzw. gibt nur sehr wenig Informationen dazu preis (23%). Interessant ist ein Blick auf die Unternehmensgröße: während kleinere und mittlere Mittelständler sich sehr ähnlich verhalten, informieren Arbeitgeber mit mehr als 1.000 Beschäftigten deutlich umfassender.
- Unabhängig von der Unternehmensgröße lässt sich festhalten: die größten Informationsdefizite gibt es bezüglich Vergütungsstrukturen und Arbeitszeit.
- Über den Bewerbungsprozess und erwartete Bewerbungsunterlagen informieren die Mehrzahl der Arbeitgeber im Mittelstand nicht – und das ist keine Frage der Unternehmensgröße.
- Nur ein Drittel der untersuchten mittelständischen Karriereseiten hat unterschiedliche Informationsbereiche für Auszubildende, Studenten/Absolventen sowie Fach- und Führungskräfte. Auch hier kann man ein interessantes Größenmuster beobachten.
Mobile-friendly-Check
- Die Karriereseiten im Mittelstand zeigen eine durchschnittlich geringe Bewertung im Hinblick auf ihre Mobil-Freundlichkeit auf. 67% weisen gravierende Probleme auf, nur 23% sind als mobile-friendly einzustufen.
- Interessant ist aber ein beobachtbarer umgekehrter Größeneffekt: Gerade die kleinen Mittelständler bis 250 Mitarbeiter schneiden besser ab als die größeren.
Usability-Analyse
- Viele Karriereseiten im Mittelstand verwenden eine deutlich zu kleine Schriftgröße und ein im Verhältnis zur Schriftgröße zu geringen Zeilenabstand, was die Lesbarkeit erschwert. Die Seiten sind sehr textlastig, wobei viel zu wenig mit Strukturierungshilfen wie Zwischenüberschriften, Aufzählungen oder Hervorhebungen gearbeitet wird. Es gibt kaum Unterschiede nach Unternehmensgröße.
- Ein Großteil der Karrierseiten sind schwer/eingeschränkt verständlich, da sie nichtssagend floskelhaft sind und viel Interpretationsspielraum bieten. Große Mittelständler sind in diesem Punkt bereits deutlich besser unterwegs, aber auch die kleinen Mittelständler bis 250 Beschäftigte holen auf, während die beiden Größengruppen dazwischen auf gleichen niedrigen Niveau liegen.
- Auf Visualisierung mit z.B. Abbildungen/ Infografiken verzichten 90% der mittelständischen Arbeitgeber, auf Podcasts/Videos 69%. Die großen Mittelständler heben sich hier erkennbar ab.
- 33% der mittelständischen Unternehmen setzt in angemessenem Umfang und gut dosiert Fotos zur Visualisierung ein, fast ein Viertel der Unternehmen verzichtet gänzlich auf Fotos. Die eingesetzten Fotos sind in 44% der Fälle gut passend zum Inhalt der Seite und wirken bei 56% authentisch. Es gibt kleinere Unterschiede nach Unternehmensgröße, die aber nicht wirklich auffällig sind.
- Im Durchschnitt findet man bei 67% der Seiten Ansprechpartner mit (zumindest einer) Kontaktmöglichkeit, aber auch bei fast einem Drittel gar keine Ansprechpartner. Dabei ist ein recht ähnliches Verhalten über die Größenklassen hinweg zu beobachten.
Erreichbarkeits-Analyse
Wie gut sind Karriereseiten (wieder) zu finden? Da es viele Wege “nach Rom” gibt, wurden zum einen die Aktivitäten zur Suchmaschinenoptimierung analysiert. Diese tragen zu einem besseren “Gefunden-werden” bei Google bei. Zum anderen wurde ein Blick auf die URL der Karriereseite geworfen, die das Wiedererkennen/die Merkbarkeit einer Seite beeinflusst. Und drittens wurde die Erreichbarkeit der Karriereseite von der Unternehmenswebseite betrachtet. Und das kam heraus:
- Weniger als die Hälfte der betrachteten Unternehmen haben auf ihren Karriereseiten grundlegende Onsite-SEO-Maßnahmen mindestens überwiegend realisiert. Das gilt für kleine wie für mittlere und große Mittelständler gleichermaßen.
- Bei fast 3/4 der Seiten sind kaum oder keine Backlinks vorhanden. Die durchschnittliche Bewertung der Offsite-Suchmaschinenoptimierung liegt bei 1,3 (4-er Skala). Größere Arbeitgeber erhalten tendenziell etwas bessere Werte, sind aber auch auf geringem Gesamtniveau unterwegs.
- Bei nur jedem 5. Unternehmen ist die Karriereseite entweder eine direkte Unterseite der Domain oder eine spezielle Domain. Die übrigen haben eine schwer merkbare oder sehr kryptische URL.
- Die URL der Karriereseite ist durchschnittlich eher bei Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern kürzer und gut zu merken.
- Bei 71% der betrachteten Karriereseiten ist eine Erreichbarkeit über einen Hauptmenü-Punkt der Firmenwebseite gegeben. Schwieriger zu finden sind Karriereseiten, die über Links auf der Seite außerhalb des Hauptmenüs (insbesondere im Footer) zu erreichen sind.
- Die Erreichbarkeit der Karriereseiten von der Unternehmenswebseite zeigt bei Unternehmen unterschiedlicher Größe keine Besonderheiten.
Detailergebnisse zu Karriereseiten im Mittelstand
Diese und weitere Detailergebnisse zur Auswertung der Karriereseiten der untersuchten Mittelständler stehen auf der Projektseite von #OReP15 als Paper zur Verfügung.
- Fakt#1 – Inhalt Karriereseiten: Content zählt, aber oft fehlt “the reason why”
- Fakt#2 – Mobile Karriereseiten: Plus durch Mobile friendly
- Fakt#3 – Usability von Karriereseiten: Abzüge in der B (enutzerfreundlichkeits)-Note
- Fakt#4 – Erreichbarkeit von Karriereseiten: Hausaufgaben nur teilweise gemacht
Nicht(s) verstecken, nicht nachahmen, eigene Klasse zeigen
Was können Mittelständler zur Optimierung ihrer Karriereseiten tun, um die Erwartungen der Bewerber an Inhalt, Usability, Mobilfähigkeit und Erreichbarkeit besser zu erfüllen. Das sind Pluspunkte, mit denen (insbesondere auch kleinere und mittlere Mittelständler) punkten können:
- Gut zugängliche Information über die wesentlichen Unternehmensmerkmale, insbesondere auch zu Unternehmensgröße und Aktivitäten zur Corporate Social Responsibility bieten.
- Emotionale Einblicke durch Beschreibung von Arbeitsbereichen, Mitarbeiterstimmen, audio-visuelle Eindrücke geben.
- Informationen über Arbeitsbedingungen – dabei nicht nur auf Entwicklung und Klima fokussieren, sondern auch über Vergütung und Arbeitszeit sprechen.
- Klare Aussagen zu erwarteten Bewerbungsunterlagen und dem zu erwartenden Bewerbungsprozess machen.
- Differenzierte Informationsbereiche für verschiedene Bewerbergruppen – dabei nicht die Fach- und Führungskräfte vergessen und nur den Nachwuchs mit gesonderten Informationen versorgen.
- Angebotene Testmöglichkeiten zum Mobile friendly Check nutzen und gezielt die angezeigten Problembereiche bearbeiten (https://www.google.com/webmasters/tools/mobile-friendly/ ).
- Für eine gute Lesbarkeit sorgen, insbesondere mit einer größeren Schriftgröße und einem dazu passenden Zeilenabstand. Außerdem Zwischenüberschriften, Aufzählungen und ggf. auch dosiert Hervorhebungen einsetzen.
- Die Seite von Allgemeinplätzen entrümpeln, stattdessen konkrete Aussagen machen und Beispiele geben. Dabei kann Text auch mal durch Visualisierung ersetzt oder ergänzt werden (Abbildungen/Infografiken, Videos und (zum Inhalt passende und authentische Fotos).
- Für eine Onsite-Optimierung zumindest die Basiseinstellungen bei Meta-Title und Meta Description vornehmen; für eine Offsite-Optimierung – wo immer sinnvoll möglich – Links zur eigenen Karriereseite setzen (Online-Stellenanzeigen, Social Media-Auftritte, Gastbeiträge in Foren, Blogs etc.)
- Idealerweise die Karriereseite in das Hauptmenü einbinden und die URL der Karriereseite vereinfachen/verschlanken.
Und als nächstes?
Das Projektteam wertet die Analyse der Online Recruiting Praxis des Mittelstandes weiter aus. In Kürze werden Ergebnisse und Erkenntnisse zur Stellenanzeigen-Praxis zur Verfügung stehen. Auch diese werden wieder veröffentlicht und auf der Projektseite von #OReP15 als Paper bereitgestellt. Und eine Zusammenfassung wie diese gibt es dann auch wieder – hier bei uns im Blog.
Bildnachweis: © upo
* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.