Wechselbereitschaft deutscher Beschäftigter pendelt sich auf hohem Niveau ein

Wechselbereitschaft deutscher Beschäftigter im Januar 2023 bei 37 Prozent

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage bleibt die Wechselbereitschaft der deutschen Beschäftigten hoch. Diese war im vergangenen Jahr um rund vier Prozentpunkte deutlich gestiegen. Mit 37 Prozent pendelt sich dabei die Offenheit für einen Jobwechsel im zweiten Jahr in Folge auf einem hohen Niveau ein. Damit erreicht sie den zweithöchsten je gemessenen Wert in der Langzeitstudie von forsa. In dieser Studie befragt forsa seit 2012 im Auftrag von onlyfy by XING (bis 2022: XING E-Recruiting, Marke der NEW WORK SE) regelmäßig Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz zu Themen wie Jobzufriedenheit, Wechselbereitschaft, Wünschen an künftige Arbeitgeber sowie Motiven hinter tatsächlichen Jobwechseln (forsa-Befragung, Januar 2023, 4.724 volljährige Erwerbstätige in der DACH-Region). Die Wechselbereitschaft setzt sich dabei aus zwei Kategorien zusammen: den Erwerbstätigen, die konkret planen, in diesem Jahr den Arbeitgeber zu wechseln sowie den Erwerbstätigen, die offen für einen Jobwechsel sind, aber noch keine konkreten Schritte unternommen haben.

Jüngere Generationen sind besonders offen für neue Jobs

Vor allem bei den Erwerbstätigen zwischen 30 und 39 Jahren (Generation Y/Millenials) ist die Wechselbereitschaft stark ausgeprägt: 40 Prozent sind offen für eine neue Aufgabe, neun Prozent (Vorjahr: 5 %) suchen aktiv – damit ist fast die Hälfte der Befragten dieser Altersgruppe mental auf dem Sprung. Für diese Altersgruppe spielt dabei mehr als für alle anderen eine Rolle, dass sie keine oder wenig Aufstiegschancen in ihrer aktuellen Position sehen (34 %). Aber auch die 18- bis 29-Jährigen (Generation Z) sind bereit für Neues. Die Bereitschaft zum Jobwechsel liegt hier bei insgesamt 48 Prozent und damit acht Prozentpunkte über dem Vorjahr. Während über alle Altersgruppen hinweg sechs Prozent der Befragten konkret ihren Ausstieg planen, sind es hier mit 14 Prozent mehr als doppelt so viel. Auch die Offenheit für einen Wechsel ist von 30 auf 34 Prozent gestiegen. Insgesamt ist damit jeder Zehnte in den jüngeren Altersgruppen (18 bis 39 Jahre) aktiv auf Jobsuche. Die Generationen 50+ (Babyboomer und Generation X) dagegen treibt der Wunsch nach Wechsel kaum noch um: Nur drei Prozent planen konkrete Schritte, und weniger als ein Fünftel (19 %) ist bereit für einen neuen Job.

„Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die nachrückenden Generationen agiler sind und andere Prioritäten haben, was ihr Leben und ihre Karriere angeht“, sagt Frank Hassler, verantwortlicher Vorstand für das Geschäftsfeld Recruiting und Employer Branding der NEW WORK SE. „Das Selbstbewusstsein der Erwerbstätigen hat sich verfestigt, Deutschlands Beschäftigte schauen positiv auf ihre berufliche Zukunft. Die Wechselbereitschaft ist trotz Wirtschaftskrise und Corona weiterhin hoch. “ So liegt sie in der Langzeitbetrachtung zwar leicht unter dem Spitzenwert von 2019 mit 39 Prozent, verfestigt sich aber auf einem hohen Niveau und erreicht den zweithöchsten Wert seit Beginn der Erhebung.

Deutschlands Beschäftigte beklagen Inflation und gestiegene Ausgaben; zu niedriges Gehalt weiter Haupttreiber für Jobwechsel

Ein zu niedriges Gehalt ist bei 47 Prozent der Wechselbereiten der ausschlaggebende Grund, nach einem neuen Arbeitgeber Ausschau zu halten. Männer sind mit ihrer aktuellen finanziellen Situation jedoch deutlich unzufriedener (53 %) als Frauen (40 %). Bei dem Wunsch nach mehr Geld spielen deutschlandweit vor allem die hohe Inflation (57 %) sowie gestiegene Ausgaben (38 %) eine entscheidende Rolle. Ebenfalls 38 Prozent der Befragten sind darüber hinaus davon überzeugt, dass sich ihr Marktwert durch den Fachkräftemangel erhöht hat.

Anzeige
Raus aus dem Hamsterrad → Download Survival-Guide für Recruiter

Doch auch wenn Gehalt der wichtigste Faktor beim Wechselwunsch ist, macht Geld allein nicht glücklich: Ein schlechter Führungsstil würde 80 Prozent davon abhalten, sich trotz besserer Bezahlung bei einem Unternehmen zu bewerben, negative Erfahrungen im Freundeskreis sind für 79 Prozent ein K.O.-Kriterium, und 66 Prozent schrecken vor einer schlechten Unternehmenskultur zurück. „Gute Führung ist nicht alles, aber ohne gute Führung ist alles nichts”, so Frank Hassler. „Beschäftigte sind sich der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt bewusst. Sie formulieren ihre Ansprüche klar, wissen aber auch genau, was sie nicht wollen – und dazu gehört schlechte Führung.“ Diejenigen, die bei diesem Thema am wenigsten Kompromisse machen, sind die Generationen 50+. Für 35 Prozent der schon lange im Berufsleben stehenden Wechselbereiten ist schlechte Führung Auslöser für den Wechselwunsch (18–29: 27 %, 30–49: 30 %).

Frauen leiden unter höherer Arbeitsbelastung

Bei den Wechselbereiten ist der zweitwichtigste Grund für Unzufriedenheit das Stresslevel. Hier liegen die Frauen deutlich vorn: Neun Prozent mehr Frauen (42 %) als Männer (33 %) fühlen sich überlastet. Gleichzeitig sind sie mit ihrer direkten Führungskraft (37 %) unglücklicher als Männer (25 %). Auch mit ihren Aufgaben hadern sie öfter. 32 Prozent der Frauen geben an, damit unzufrieden zu sein, aber nur 26 Prozent der Männer. 54 Prozent aller befragten Frauen geben an, dass ein Angebot wie Homeoffice einen potenziellen Arbeitgeber für sie attraktiver machen würde, bei den Männern sind es 48 Prozent. Auch mit Angeboten für die Kinderbetreuung können Unternehmen punkten: Sie stehen auf der Wunschliste von Frauen mit 21 Prozent deutlich höher als auf der von Männern (15 %). Insgesamt sind weiche Faktoren wie Zusammenhalt unter Kollegen, Engagement für das psychische Wohlergehen der Mitarbeiter, aber auch flexible Arbeitszeiteinteilung für Frauen deutlich wichtiger als für Männer. „Auch heute sind Frauen weiterhin für einen großen Teil der Care-Arbeit zuständig – und das führt zu einer spürbar höheren Doppelbelastung“, so Frank Hassler. „Unternehmen müssen hier mit gezielten Maßnahmen gegensteuern, um qualifizierte weibliche Arbeitskräfte zu halten.“

Jobsuchende werden anspruchsvoller

Bei der Frage darauf, was ihnen ein neuer Arbeitgeber bieten sollte, haben sich die Prioritäten der Befragten insgesamt verschoben. Lag letztes Jahr mit 59 Prozent noch gutes Führungsverhalten vorne, hat die harte wirtschaftliche Realität die Arbeitswelt eingeholt: 67 Prozent wünschen sich mehr Geld (2022: 54 %). Flexible Arbeitszeit liegt mit 66 Prozent weiterhin auf Platz 2 (2022: 57 %). Gutes Führungsverhalten ist deutschen Beschäftigten immer noch sehr wichtig, hat es aber trotz gestiegener Zustimmung (63 % vs. 59 % 2022) nur auf Platz 3 geschafft. Neu in den Top 5 ist die Unternehmenskultur, die für 60 Prozent aller Befragten relevant ist, dicht gefolgt von persönlicher Sinnerfüllung (59 %). Überraschend: Rund ein Fünftel legt Wert auf nachhaltiges Handeln (22 %), bei der Generation 50+ sind es sogar 26 Prozent.

Auf die Frage nach zusätzlichen Benefits macht der Wunsch nach der 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich das Rennen: 74 Prozent finden die Idee gut, bei den 18-29-Jährigen sogar 82 Prozent. Die Möglichkeit zum Sabbatical begrüßen 29 Prozent, die zu Workations knapp 20 Prozent. „Auch wenn sich einige Parameter verschoben haben, vor allem bedingt durch die derzeitige wirtschaftliche Lage, haben sie keinen Einfluss auf die weiterhin hohe Wechselbereitschaft der Deutschen“, sagt Frank Hassler. „Für viele Unternehmen ist die Situation aufgrund stark gestiegener Kosten zurzeit nicht einfach, höhere Gehälter sind oft kurzfristig nicht umsetzbar. Umso wichtiger für die Mitarbeiterbindung ist darum ein konstanter und offener Dialog über Wünsche und Bedürfnisse, der über das Gehalt hinausgehen sollte, um dringend benötigte Fachkräfte im Unternehmen zu halten.“

Pressemitteilung