Rund um den Equal-Pay-Day und den heutigen Weltfrauentag wird gerade wieder viel über die ungerechtfertigten Unterschiede zwischen Mann und Frau in der Vergütung gesprochen. Und es ist wie in jedem Jahr die bittere Erkenntnis, dass sich viel zu wenig in dem Thema tut.
Auch im Personalbereich: deutliche Gehaltsunterschiede
Das gilt auch für die Personalabteilungen im Land, in denen auch viele Frauen arbeiten. Der aktuelle Gehaltsreport von Stepstone zeigt deutlich: Männer in HR-Bereich verdienen mit durchschnittlich (Median) 51.696 EUR mehr als Frauen mit 45.311 EUR. Das Gender-Pay-Gap liegt bei 12,35%.
Soweit, so überraschungsfrei. Das gleiche gilt für andere Ergebnisse der Auswertung der Gehälter im Personalwesen.
- Personen mit akademischer Qualifikation verdienen mehr als Nicht-Akademiker: 54.463 zu 43.927 EUR
- mit zunehmenden Berufsjahren steigt das durchschnittliche Gehalt: 36.641 EUR bei einer Erfahrung unter 1 Jahr bis 60.808 EUR bei mehr als 25 Jahren Berufserfahrung
- Je größer der Arbeitgeber desto höher das durchschnittliche Gehalt: 40.696 EUR bei KMU von 1 bis 50 Mitarbeitenden bis durchschnittlich 50.696 bei Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten
Vergleichsweise niedrige Gehälter in der Recruiting Funktion – das Recruiter-Pay-Gap
Was aber immer wieder überrascht, ist das Gehalt von Recruitern im Vergleich zu anderen Funktionen im HR-Bereich. Das durchschnittliche Gehalt liegt laut Stepstone Gehaltsreport 2023 bei 41.687 EUR.
Im Ranking der HR-Funktionen liegt das durchschnittliche Recruiter-Gehalt lt. StepStone Gehaltsreport wie folgt:
- HR-Manager: 65.235 EUR
- Personalreferenten: 50.228 EUR
- HR Business Partner: 44.484 EUR
- Recruiter: 41.687 EUR
- Personalsachbearbeiter: 41.341
Schaut man auf Rang 4 und 5, so liegen Gehälter im Recruiting etwa auf dem Niveau von Mitarbeitenden in der Personalsachbearbeitung. Und schaut man mal auf das Gap zum Durchschnitt, dann liegt das bei 10,81%, verglichen mit einem Personalreferenten sogar bei gut 17%. Fühlt sich dieses Recruiter-Pay-Gap stimmig für dich an?
Sollte es nicht anders sein?
Branchenübergreifend und für einzelnen Branchen ganz besonders stark wird Fachkräftemangel geklagt. Enorme Auswirkungen auf Umsatz und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, Branchen und gar Deutschlands Gesamtwirtschaft werden prognostiziert. Und viele Unternehmen suchen daher händeringend (erfahrene, schnell einsetzbare) Recruiter, die die Vielzahl offener Stellen besetzen und Arbeitskräftepotenziale heben helfen.
Und dann gibt ein solches Recruiter-Pay-Gap und man bezahlt Recruiter auf Sachbearbeitungs-Level?
Es kommt auf das Recruiter-Bild an
Das mag dann stimmig sein, wenn in Unternehmen ein Recruiter-Bild vorherrscht, das über einen Bewerbungsverwalter, Terminjongleur und Korrespondenzmanager nicht hinausgeht. Oder wenn man der Überzeugung ist, dass das eigentliche Recruiting, d.h. die Personalauswahl, der Austausch mit Bewerbenden nichts in den Händen von Recruitern zu suchen hat und Sache der Führungskräfte oder der HR Business Partner bzw. Personalreferenten ist. Oder wenn man glaubt, Recruiting in naher Zukunft durch KI zu ersetzen und jetzt lieber darin investiert.
In der logischen Folge findet man in Recruitingbereichen solcher Unternehmen auch oft überwiegend juniorige Mitarbeitende, die entsprechend ihrer Berufserfahrung auch eher im Rahmen eines Einstiegsgehalts vergütet werden.
Wertschätzung hat auch einen (finanziellen) Wert
In Unternehmen, die ein anderes Bild von Recruitern haben, ist die persönliche und letztlich auch die finanzielle Wertschätzung höher. Diese Unternehmen verstehen Recruiter als Fachexperten für Akquise und Diagnostik von neuen Mitarbeitenden, als People Business Manager sowie als Sparringspartner für Hiring Manager im Recruiting inklusive Interview, Auswahlverfahren und Einstellungsentscheidung. Kompetente und erfahrene Recruiter bieten dieses und noch viel mehr aus einer Hand. Ihr Fokus und Ihre Leidenschaft ist Recruiting. Sie wissen viel über Bewerberzielgruppen, Candidate Experience, sie kennen Recruitingkanäle und diagnostische Methoden usw. Dieses Wissen kann weder eine Führungskraft noch ein HR Business Partner oder Personalreferent tutti completti liefern. Und die Zeit, die dafür notwendig ist, haben diese Funktionen ebenfalls nicht.
Wer als Arbeitgeber also das Thema Fachkräftemangel ernsthaft in den Griff bekommen möchte, der sollte nicht nur nach mehr Bewerbern rufen, sondern auch mit Experten im Thema Recruiting arbeiten, die weit mehr als Sachbearbeiter sind. Und wer Expertenwissen nicht nur mitbringt, sondern auch zum Nutzen des Unternehmens einsetzt, der hat auch eine höhere Vergütung verdient als der Durchschnitt der Recruitinggehälter der aktuellen Gehaltsstudien.
Vielleicht tut sich ja was beim Recruiter-Pay-Gap – bis zur nächsten Gehaltsstudie?!
In diesem Sinne wäre es wünschenswert, wenn im nächsten Jahr das Durchschnittsgehalt von Beschäftigten im Recruiting deutlich ansteigt und eher mit dem Gehalt von HR Business Partnern/ Personalreferenten als dem von Personalsachbearbeitern vergleichbar wäre. Das hätte dann den Nebeneffekt, dass man offene Stellen im Recruiting auch eher besetzen kann und die Mitarbeiter deutlich länger in der Funktion blieben als dies heute oft der Fall ist.