Die neuesten Ergebnisse des Gallup-Berichts „State of the Global Workplace 2024″ zeigen einen besorgniserregenden Trend: Die Zufriedenheit unter deutschen Arbeitnehmenden ist drastisch gesunken, während das Stresslevel weiterhin hoch bleibt. Diese Entwicklungen könnten erhebliche Auswirkungen auf die Produktivität und das Wohlbefinden in deutschen Unternehmen haben.
Stimmungseinbruch bei deutschen Beschäftigten
Der Gallup-Bericht offenbart, dass nur noch 45 Prozent der deutschen Arbeitnehmenden zufrieden und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Das ist ein Rückgang von acht Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Deutschland rangiert damit im europäischen Vergleich nur noch auf dem 20. Platz von 38 untersuchten Ländern. Besonders auffällig ist, dass kein anderes europäisches Land einen vergleichbar starken Rückgang der Lebenszufriedenheit verzeichnete, außer Irland, das ebenfalls einen Rückgang von acht Prozentpunkten erlebte.
Gründe für die sinkende Zufriedenheit
Mehrere Faktoren tragen zu diesem Stimmungseinbruch bei. Zum einen belasten wirtschaftliche und politische Unsicherheiten die Beschäftigten. Die andauernden Diskussionen über den Arbeitskräftemangel, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und die wirtschaftliche Stabilität des Landes scheinen das Vertrauen in die Zukunft zu untergraben. Marco Nink, Director of Research & Analytics EMEA bei Gallup, erklärt: „Die Kombination aus gesunkener Lebenszufriedenheit und immer noch überdurchschnittlich hohem Stress kann darauf hindeuten, dass die Befragten zunehmend das Gefühl haben, viele der Faktoren, die ihr Leben bestimmen, nicht selbst beeinflussen zu können. …”
Stresslevel bleibt überdurchschnittlich hoch
Trotz einer leichten Erholung im Vergleich zum Vorjahr (-1 Prozentpunkt) liegt das Stresslevel der deutschen Beschäftigten mit 41 Prozent weiterhin über dem europäischen Durchschnitt von 37 Prozent. Das bedeutet, dass die deutschen Arbeitnehmenden im Vergleich zu vielen ihrer europäischen Kollegen stärker unter Stress stehen.
Ursachen für hohen Stress
Die Gründe für das hohe Stressniveau sind vielfältig. Viele Arbeitnehmende müssen den Arbeitskräftemangel in ihren Branchen kompensieren, was zu einer erhöhten Arbeitsbelastung führt. Darüber hinaus tragen wirtschaftliche Unsicherheiten und die andauernde politische Instabilität zur allgemeinen Anspannung bei.
„Beschäftigte fühlen sich dann nicht gesehen und unfair behandelt oder vernachlässigt und benachteiligt”, so Nink weiter. Diese Situation führt nicht nur zu Stress, sondern oft auch zu Wut und Unzufriedenheit am Arbeitsplatz.
Auswirkungen auf die psychische Gesundheit
Die negativen Entwicklungen bei der Lebenszufriedenheit und dem Stresslevel spiegeln sich auch in der psychischen Gesundheit der Arbeitnehmenden wider. Wie aus dem Gallup Engagement Index Deutschland vom März 2024 hervorgeht, geben 37 Prozent der deutschen Arbeitnehmenden an, in den letzten 30 Tagen das Gefühl gehabt zu haben, aufgrund von Arbeitsstress innerlich ausgebrannt zu sein. Dies ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-Pandemie.
Burn-out und Work-Life-Balance
Auch die Work-Life-Balance wird von den Beschäftigten zunehmend kritischer bewertet. Während 2021 noch 42 Prozent der Befragten angaben, dass ihre Arbeit ihnen genügend Zeit für Familie und Freunde lasse, liegt dieser Wert jetzt bei nur noch 36 Prozent. Zudem fällt es immer mehr Beschäftigten schwer, in ihrer Freizeit von der Arbeit abzuschalten. Nur 28 Prozent stimmen der Aussage „Es fällt mir leicht, in meiner Freizeit von meiner Arbeit abzuschalten” voll und ganz zu, was auf eine steigende Belastung durch den Job hinweist.
Bedeutung guter Führung
Ein Schlüssel zur Verbesserung der Situation liegt in der Führung der Unternehmen. Gute Führung, die in hoher emotionaler Bindung resultiert, hat einen unmittelbaren Einfluss darauf, wie Arbeitnehmende ihr Leben wahrnehmen und bewerten. Die Zahlen für Europa zeigen, dass Arbeitnehmende ohne emotionale Bindung deutlich weniger zufrieden und zuversichtlich sind als Beschäftigte mit einer hohen emotionalen Bindung (34 % vs. 58 %).
Emotionale Bindung fördern
Um die Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu steigern, müssen Führungskräfte die emotionalen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ernst nehmen. Dazu gehört, ihnen zuzuhören, Wertschätzung zu zeigen und sie in ihrer Entwicklung zu fördern. „Überall auf der Welt wollen Arbeitnehmende als Menschen und nicht nur als Ressource gesehen werden”, betont Nink.
Handlungsbedarf für Unternehmen
Die Ergebnisse des Gallup-Berichts „State of the Global Workplace 2024″ zeigen deutlich, dass deutsche Unternehmen dringend handeln müssen, um die Zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu verbessern. Insbesondere gute Führung und die Förderung der emotionalen Bindung der Beschäftigten können dabei helfen, die negativen Trends umzukehren und die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Unternehmen, die diese Herausforderungen aktiv angehen, haben die Chance, von höherer Produktivität, geringeren Fehlzeiten und einer besseren Unternehmenskultur zu profitieren.