Die jährliche Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat gezeigt, dass die Zahl der Engpassberufe 2023 leicht gesunken ist. Doch trotz dieses Rückgangs bleibt die Situation angespannt. In 183 von rund 1.200 bewerteten Berufen gibt es Engpässe bei der Besetzung offener Stellen – 17 weniger als im Vorjahr. Damit fehlt in rund jedem siebten Beruf die benötigte Fachkraft.
Der Arbeitsmarkt im Wandel: Fachkräftemangel bleibt eine Herausforderung
“Der leichte Rückgang bei den Engpassberufen ist aufgrund der rückläufigen Stellenmeldungen nicht überraschend”, erklärt Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit. Doch auch wenn die Arbeitslosigkeit zuletzt gestiegen ist, gelingt es vielen Betrieben nicht, ihre freien Stellen zu besetzen. Fachkräfte fehlen nach wie vor.
Nahles betont, dass dies lediglich eine Momentaufnahme sei und kein langfristiger Trend. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden in den kommenden Jahren viele gut qualifizierte und erfahrene Fachkräfte den Arbeitsmarkt verlassen. Dies wird die Situation weiter verschärfen.
Welche Berufe sind besonders betroffen?
Zu den beschäftigungsstärksten Engpassberufen zählten 2023 vor allem:
- Pflege- und Gesundheitsberufe
- Berufe im Handwerk
- Berufskraftfahrer
- Berufe in der Kinderbetreuung und der Sozialpädagogik
Auch technische Berufe, insbesondere im IT-Bereich und der Bauplanung, sowie Gastronomieberufe waren stark betroffen. Neu auf der Liste der Engpassberufe sind unter anderem Köche/Köchinnen und Technische Servicekräfte.
Auf der anderen Seite hat sich die Engpasssituation bei Fachkräften im Bereich Hochbau, im Fassadenbau und bei Ingenieuren in der Luft- und Raumfahrttechnik etwas entspannt.
Potenzial für zukünftige Engpässe
Die Engpassanalyse der BA zeigt auch, dass 172 weitere Berufsgattungen zwar aktuell keinen Engpass aufweisen, aber unter Beobachtung stehen, da sie sich potenziell zu Engpassberufen entwickeln könnten. Dies verdeutlicht die dynamische Natur des Arbeitsmarktes und die Notwendigkeit einer vorausschauenden Personalplanung.
Jede zweite gemeldete Stelle ein Engpassberuf
Im Jahresdurchschnitt 2023 waren rund 493.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen gemeldet. Bemerkenswert ist, dass die Hälfte dieser Stellenangebote sich an Menschen mit einem Engpassberuf richtete. Auf der anderen Seite hatten arbeitslose Fachkräfte oft keinen Engpassberuf. Lediglich ein Viertel der arbeitslos gemeldeten Fachkräfte suchten eine Beschäftigung in einem Engpassberuf.
Diese Diskrepanz verdeutlicht das Mismatch auf dem Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen halten ihre gut eingearbeiteten Fachkräfte und suchen im Zuge des demografischen Wandels weiterhin neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gleichzeitig droht für unzureichend qualifizierte Menschen eine Verfestigung der Arbeitslosigkeit.
Was bedeutet das für Unternehmen und Arbeitslose?
Für Unternehmen bedeutet der Fachkräftemangel, dass sie verstärkt in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren müssen. Darüber hinaus könnte die Rekrutierung aus dem Ausland eine Lösung sein, um die Lücken zu füllen. Flexible Arbeitsmodelle und attraktive Arbeitsbedingungen sind ebenfalls wichtige Faktoren, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
Für Arbeitslose, insbesondere für jene ohne Engpassberuf, ist es entscheidend, sich weiterzubilden und neue Qualifikationen zu erwerben, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Die BA bietet hierfür zahlreiche Programme und Unterstützungsangebote.
Der Arbeitsmarkt bleibt angespannt
Obwohl die Zahl der Engpassberufe leicht gesunken ist, bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt angespannt. Der demografische Wandel wird die Situation in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter verschärfen. Unternehmen und Arbeitskräfte sind gleichermaßen gefordert, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen und proaktiv zu handeln. Nur so kann der Fachkräftemangel langfristig bewältigt werden.