Wer sich heute gegen ein klassisches Angestelltenverhältnis entscheidet, tut dies nicht aus Not, sondern weil flexible Arbeitsmodelle mehr Vorteile versprechen. Mehr als drei von vier Menschen (77%), die in Form von Projekt- und Zeitarbeit, Zeitverträgen oder freiberuflicher Tätigkeit flexibel arbeiten, haben sich bewusst dafür entschieden. Diese neue Art, berufliche Aufgaben zu erledigen, ist für große Teile der Bevölkerung in Deutschland attraktiv. 77 Prozent der insgesamt Befragten können sich vorstellen, Arbeitszeitmodelle jenseits des klassischen Angestelltenverhältnisses zu nutzen – und zwar unabhängig davon, in welcher Form sie heute beschäftigt sind. Die Gründe hierfür sind der Wunsch, das eigene Einkommen kurzfristig aufzustocken, sich weiter zu qualifizieren oder das Zusammenspiel aus Arbeit und Privatleben flexibler gestalten zu können. Dies sind Ergebnisse der Studie "NextGen: Arbeitsmodelle der Zukunft", für die die ManpowerGroup 9.500 Menschen in zwölf Ländern befragt hat.
+++ Die Studienergebnisse kompakt als Infografik sowie den internationalen Bericht finden Sie über diesen Link: https://bit.ly/2xJw4lC +++
Die Dynamik auf den Arbeitsmärkten steigt zunehmend: Im Zuge des demografischen Wandels und der digitalen Transformation ändert sich auch die Nachfrage nach Fähigkeiten und Qualifikationen immer schneller. Zugleich wird das klassische Angestelltenverhältnis zunehmend zum Auslaufmodell. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren waren beispielsweise in den Vereinigten Staaten die größten Stellenzuwächse im Rahmen von unkonventionellen, alternativen Beschäftigungsformen zu verzeichnen, also Projekt- und Zeitarbeit, Zeitverträge oder freiberufliches Arbeiten. Sie lassen sich zusammenfassen als Arbeitsmodelle der nächsten Generation – als NextGen-Arbeit.
Diese NextGen-Arbeit ist für die meisten Befragten keineswegs nur eine Notlösung, weil gerade kein traditioneller Angestelltenjob zu finden ist. Mehr als drei Viertel der Befragten in Deutschland setzen bewusst auf ein NextGen-Arbeitsmodell. Nur jeder fünfte Befragte (20%) gibt an, auf Zeit- und Projektarbeit, Zeitverträge oder freiberufliches Arbeiten zu setzen, weil dies seine einzige Alternative war. 83 Prozent der Menschen, die flexibel arbeiten, möchten das auch in Zukunft tun. Und sieben von zehn Festangestellten (71%) halten es für möglich, dass auch sie sich in naher Zukunft für ein flexibles Arbeitsmodell entscheiden.
Viele suchen Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis
"Viele Menschen entscheiden sich heute bewusst für Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis, weil sie dadurch mehr Möglichkeiten sehen, sich auszuprobieren oder Arbeitsleben und Familie besser in Einklang zu bringen", sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland. "Zugleich bietet NextGen-Arbeit die Chance, sich permanent weiterzuentwickeln und so den eigenen Wert auf dem Arbeitsmarkt zu steigern."
78 Prozent der Menschen, die flexibel arbeiten, schätzen daran die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erwerben. Doch auch Menschen in klassischen Arbeitsverhältnissen erkennen häufig die Vorteile von NextGen-Arbeitsmodellen. 31 Prozent der Befragten sagen, dass diese Modelle wegen der Möglichkeit, verschiedene Stellen und Positionen auszuprobieren, für sie attraktiv sind. Knapp jeden Fünften (19%) reizen die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten. Ebensoviele schätzen die Möglichkeit, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. "Flexibler zu arbeiten als bisher, entspricht den Bedürfnissen vieler Arbeitnehmer. Die Unternehmen müssen nun die richtigen Voraussetzungen schaffen, um diesen Menschen das zu bieten, was sie wollen. Flexibilität, Verantwortung und Beschäftigungssicherheit schließen einander nicht aus", sagt Herwarth Brune. "Im Gegenzug sind Beschäftigte in der Pflicht, gefragte Fähigkeiten und Qualifikationen zu erwerben, mit denen sie auch morgen auf dem Arbeitsmarkt bestehen können."
Deutschland hinkt hinterher
Trotz der Offenheit vieler Beschäftigter hierzulande für das Thema flexible Arbeitsmodelle ist Deutschland kein Vorreiter auf diesem Gebiet. Im Gegenteil: Zusammen mit den Niederlanden und Japan gehört Deutschland zu den Ländern mit der vergleichsweise geringsten Akzeptanz für NextGen-Arbeit. In Schwellenländern wie Indien und Mexiko, aber auch in Industrienationen wie den USA, Großbritannien, Italien und Australien ist es selbstverständlicher, auf Alternativen zum klassischen Angestelltenverhältnis zu setzen. Dort zeigen die Befragten durchweg eine größere Offenheit für alternative Arbeitsmodelle.
Hierzulande steht bei 38 Prozent der Befragten der Wunsch im Vordergrund, mit einem NextGen-Arbeitsmodell die Zeit bis zu einer längerfristigen, unbefristeten Stelle zu überbrücken. International erwähnt nur jeder Vierte (25%) die Warteposition als Motiv. Vielmehr steht weltweit die Möglichkeit, nach Bedarf dazuzuverdienen, meist im Vordergrund, wenn Menschen flexibel arbeiten. 38 Prozent der Befragten weltweit geben an, deshalb auf NextGen-Arbeit zu setzen. In Deutschland sind es lediglich 19 Prozent. Weltweit schätzen 32 Prozent der Befragten auch die Autonomie über den eigenen Zeitplan, die es erlaubt, die Arbeit zum Beispiel an familiäre Erfordernisse anzupassen. In Deutschland gilt dies nicht einmal für jeden Fünften (19%).
Insgesamt werden von deutschen Befragten die Potenziale flexibler Arbeitsmodelle, das eigene Arbeitsleben im positiven Sinne zu prägen, relativ selten genannt. Das deutet darauf hin, dass das Thema Flexibilisierung der Arbeit hier noch vielfach mit Vorbehalt gesehen wird. Das überrascht – plädieren doch mittlerweile sogar Gewerkschaften für mehr Flexibilität bei den Arbeitsmodellen. So fordert die IG Metall in ihrer aktuellen Tarifrunde etwa, dass Beschäftigte auf Wunsch ihre Arbeitszeit temporär auf bis zu 28 Stunden pro Woche reduzieren können. Nach Ansicht der Gewerkschafter sollen die Arbeitszeiten sich dem Leben anpassen – und nicht andersherum.
Über die Studie "NextGen: Arbeitsmodelle der Zukunft"
Für die Studie befragte die Three Group im Auftrag der ManpowerGroup im Rahmen einer weltweiten quantitativen Studie 9.550 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aus zwölf Ländern (Australien, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Japan, Mexiko, die Niederlande, Spanien, Schweden, Großbritannien und die USA). In Deutschland wurden 795 Personen befragt.