Typen gibt es – Hiring Manager in Job-Interviews

Herausforderung Hiring Manager

Nicht nur zur fünften Jahreszeit trifft man auf Matrosen, Hexen, Engel oder Clowns. Im Karneval, an Fastnacht oder Fasching mögen das nur Kostüme sein. Obwohl: man munkelt ja auch immer mal wieder, dass die Verkleidung auch etwas mit dem wahren Charakter darunter zu tun habe und man im Kostüm sozusagen Urlaub von der sozialen Rolle mache. Wie dem auch sei: mit den Kostümen verknüpfen sich in unseren Köpfen immer auch Bilder von dazu passenden Charakteren.

Wer im Recruiting unterwegs ist, trifft unweigerlich auf sehr verschiedene Typen von Menschen, denen man Eigenschaften von Seemännern, Teufeln oder anderen Typen zuschreiben kann. Getreu dem Motto “Jede Jeck is anders”, müssen wir Recruiter diese Charaktere auch ohne Kostümierung schnell erfassen und mit jedem auf passende Art in der konkreten Situation umgehen können. Nicht immer einfach.

Typen von Hiring Managern – Charaktere und Tipps zum Handling in Jobinterviews

Insbesondere wenn es sich um Hiring Manager handelt und wir uns mit ihnen in Touchpoints mit Bewerbenden, wie z.B. in Jobinterviews, befinden. Aber für People Business-Experten ist genau das das Salz in der Suppe; und für die Qualität der Personalauswahl, den nachhaltigen Rekrutierungserfolg und das Arbeitgeberimage so wichtig. Hier fünf Typen, denen wir immer mal wieder als Hiring Manager in gemeinsam geführten Job-Interviews begegnen und ein paar in der Praxis bewährte Vorgehensweisen:

1 | Der Seemannsgarn spinnende Matrose unter den Hiring Managern

Diese Hiring Manager hören sich gerne reden, haben viel zu erzählen und verlieren schnell auch mal das Gefühl für Raum und Zeit. Schon ihre Vorstellung ist ausführlich. Wenn es ums Fachliche geht, geben sie vielfältige und detaillierte Einblicke in Abläufe, Besonderheiten und ihre Sicht der Dinge. Sie geben Anekdoten zum Besten und greifen jede Frage von Kandidaten gerne ausführlich auf.

Anzeige
upo Social Media-Content-Kalender 2025 für Arbeitgeber

Für Bewerber ist das oft angenehm; sie erfahren viel und müssen wenig von sich preisgeben. Für die Auswahlentscheidung ist diese Situation aber wenig hilfreich. Weil man wenig vom Kandidaten erfährt, dominieren Sympathie und Antipathie die Wahl und das mündet nach der Einstellung nicht selten in einer Erwartungsenttäuschung.

Tipps zum Umgang:

Neben einer konstruktiven “Manöver”-Kritik nach oder einer Sensibilisierung vor einem Folgetermin gebe ich auch gerne den einen oder anderen Impuls für Veränderungen wie z.B. die Verwendung der Elevator-Pitch-Methode bei der Vorstellung. Situativ greife ich aktiv ins Gespräch ein und nutze z.B. eine Atempause des Hiring Managers, um das gerade Gesagte selbst nochmals auf den Punkt zu bringen sowie direkt anschließend auf das nächste Thema überzuleiten.

2 | Das Teufelchen, die Hexe oder der Detektiv unter den Hiring Managern

Hiring Manager dieses Typus spielen gerne mit ihrem Gegenüber. Sie stellen zunächst einige harmlose Fragen und kommen dann mit einer provozierenden Frage um die Ecke. Oder sie greifen (unwichtige) Details in Aussagen von Kandidaten auf und hinterfragen ganz, ganz genau. Sie führen gerne Stress-Interviews und fordern Kandidaten mit Brainteasern oder Ähnlichem heraus. Und sie haben erkennbar Spaß daran und lassen schnell die Augenhöhe hin zu Kandidaten vermissen, was sich auch in ihrer Mimik und Gestik zeigt.

Für Bewerber sind diese Gesprächspartner unberechenbar; sie verunsichern sehr. Kandidaten, die das merken, sind dann sehr auf der Hut. Sie wägen intensiver ab, was sie sagen und sind mit Aussagen stärker zurückhaltend. Dadurch lernt man Kandidaten viel weniger gut kennen als mit der Art der Fragen beabsichtigt ist.

Tipps zum Umgang:

Als Recruiter kommt einem in solchen Kennenlernsituation die Rolle des Vermittlers zu. Man kann hier nach Stressfragen oder gefühlter “Verhörfrage” auf eine Meta-Ebene gehen. Ich frage Kandidaten z.B., wie es ihnen nun nach dieser etwas intensiven Interviewphase geht und erkläre ggf., warum diese Fragen/ Fragetechnik zum Einsatz kam, z.B. um Reaktionen auf kritische Rückfragen wie sie auch im Job vorkommen können zu erleben. Alternativ schließe ich quasi als Gegenpol zu solchen Fragen von Hiring Managern eine eher harmlose/erwartbare Frage an, um den Kandidaten wieder etwas Wohlfühlgefühl zurückzugeben.

3 | Der Teddybär oder Engel unter den Hiring Managern

Diese Hiring Manager gehen sehr behutsam mit Kandidaten um. Sie zeigen viel Verständnis für Nervosität, entschuldigen Versprecher ebenso großzügig wie ein “auf-dem-Schlauch-stehen” z.B. bei Fachfragen. Sie lassen den Kandidaten viel Raum zum Erzählen und suchen Gemeinsamkeiten. Ihre Fragen sind oft erwartbar, kritische Nachfragen bleiben tendenziell aus, es werden gerne auch mal Suggestivfragen gestellt, die die Antworten der Kandidaten in die gewünschte Richtung lenken.

Kandidaten geht es mit diesem Typus oft recht gut, sie fühlen sich wertgeschätzt und nehmen solche Gespräche als eher entspannt wahr. Vielen fehlt aber der Anspruch in einem solchen Gespräch. Es gibt einfach wenig Raum, Kenntnisse, Fähigkeiten und Persönlichkeit zur Geltung zu bringen und sich ein Stück zu profilieren. Es muss eben auch für die Kandidaten mehr als die Chemie stimmen.

Tipps zum Umgang:

In solchen Situationen ist der Recruiter dann als der eher kritische Interviewpartner gefragt. Hier stelle ich dann umso mehr anforderungsbezogene und situative Fragen und hake bei ausweichenden Antworten explizit nach. Außerdem beziehe ich die teilnehmenden Hiring Manager aktiv in das Gespräch ein, indem ich sie z.B. auffordere meine Fragen gerne als Fachexperte durch fachlich ggf. noch kniffeligere Fragen aus dem Tagesgeschäft zu ergänzen. Durch Signale im eigenen Wording wird eine eher zu einfühlsame/ wohlwollende Führungskraft motiviert, ihre Haltung gegenüber Kandidaten etwas zu verändern.

4 | Der Gute-Laune-Bär oder Clown unter den Hiring Managern

Hiring Manager dieses Typs treten überzogen positiv drauf. Sie beschreiben Aufgaben, Team und Arbeitgeber sehr positiv, sprechen Probleme und Schwachpunkte nur auf Nachfrage an und bagatellisieren sie gerne. Sie gehen oft auch großzügig mit fehlenden Kenntnissen und Erfahrungen oder Beispielen von Kandidaten um und vermitteln das Gefühl, dass das alles nicht problematisch ist und man schon Lösungen dafür finden wird.

Für Kandidaten ist dieser Typ Hiring Manager zunächst einmal positiv, aber er weckt auch Skepsis. Man fragt sich, wo der Haken ist. Denn wer alles nur in eher goldenen Farben ausmalt, der verschweigt sicher auch etwas.

Tipps zum Umgang:

Auch in diesem Fall ist der Recruiter als korrigierender Faktor in der Kennenlernsituation gefragt. Einerseits muss man dafür Sorge tragen, dass vorhandene Lücken und erkennbare Schwachstellen des Kandidaten eruiert werden, um den Kandidaten später auch anforderungsorientiert bewerten zu können. Und andererseits gilt es auch, dem Kandidaten einen realistischen Job- und Unternehmenseinblick zu geben. Dazu muss man auch deutlich machen, wo Herausforderungen im Job, im Team etc. sind oder wo es auch im Unternehmen noch Entwicklungsbedarfe gibt. Dabei geht es nicht darum, irgendetwas schlecht zu reden, sondern Kandidaten die Möglichkeit zu geben, auch für sich die Plus- und Minuspunkte solide abwägen zu können.

5 | Die Supermen/-women, Geister oder Könige unter den Hiring Managern

Sie kommen schon zu spät, leicht abgehetzt und wenn überhaupt, mit einer mehr oder weniger guten Entschuldigung in den Termin geschneit und ziehen zunächst mal alle Aufmerksamkeit auf sich. Sitzhaltung und Auftreten machen deutlich, wer hier der Entscheider ist. Im Termin werden hier und da ungeduldig Fragen eingeworfen, längere Aussagen von Kandidaten oder Nachfragen von Recruitern gerne mal unterbrochen. Blicke auf die Uhr oder das Smartphone signalisieren zwischendurch die Wichtigkeit anderer Termine und Aufgaben.

Für Bewerberfragen ist wenig Raum, sie werden kurz und bündig und nicht selten auch mit einer gewissen Unnahbarkeit beantwortet, mit einem “wenn sie keine weiteren Fragen mehr haben” alsbald abgewürgt oder die Antwort auf ein mögliches Folgegespräch vertagt. Vereinbarungen zum weiteren Vorgehen und Rückmeldung werden mit Hinweis auf andere wichtige Dinge vage gehalten. Und kaum ist der Bewerber durch die Tür, ist auch dieser Hiring Manager so gut wie weg. Wenn überhaupt muss ein kurzer Austausch zum Bauchgefühl reichen, eine differenzierte Gesprächsbewertung wird schnell als überflüssig deklariert. Schließlich weiß man aus Erfahrung, wer passt und wer nicht.

Tipps zum Umgang:

Neben einer Sensibilisierung für die Wirkung eines solchen Verhaltens auf Kandidaten, habe ich u.a. hiermit gute Erfahrungen gemacht:

  • Vereinbarung eines Vorab-Treffens ca. 10-15 vor dem eigentlichen Termin oder Kontakt zur Führungskraft am Tag zuvor, um abzuklären, ob es ggf. Terminengpässe gibt. So kann man sich selbst darauf einstellen und auch die Kandidaten darauf vorbereiten.
  • Wenn eine direkte Nachbesprechung nicht möglich ist, sorge ich für eine gute und anforderungsbezogene Gesprächsdokumentation und verabrede einen Bewertungstermin mit dem Hinweis, dass ein Commitment notwendig ist, um Entscheidungen gerichtsfest zu dokumentieren und Kandidaten ein zeitnahes Feedback zu geben.

Welche Strategie man in diesen Situationen auch wählt: die Art der Kommunikation und Tonalität sind in der konkreten Situation unter Anwesenheit der Kandidaten stets sehr wichtig. Denn es ist eine Gratwanderung, die Hiring Manager einerseits zwar möglichst professionell zu ergänzen, sie andererseits aber weder in ein schlechtes Licht zu stellen, noch das Gefühl zu vermitteln, ihnen über den Mund zu fahren oder sie zu nötigen. Dabei helfen Standing, Charme und Diplomatie. Aber insbesondere auch der Mut, in einem Briefing vorab (wenn man schon Erfahrung mit der Führungskraft gesammelt hat) und/oder einer “Manöver-“Kritik nach Terminen kritische Punkte in 4-Augengesprächen zu thematisieren, für deren Wirkung zu sensibilisieren und mit kollegialen Coaching-Tipps Hilfestellung zu geben. Schließlich sind Hiring Manager und Recruiter (gemeinsam) das Gesicht nach außen.

* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.

Ruth Böck
Ruth Böck
Hallo, ich bin einer der Köpfe von upo - Bausteine für Rekrutierungserfolg. Als #RecruitingStarkMacher unterstützen wir Recruiter, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen. Und so mehr Rekrutierungserfolg zu erzielen. Außerdem bin ich Initiatorin und Mitmacherin dieses Fachportals Rekrutierungserfolg.de. Wenn dir meine Beiträge gefallen, dann trage dich hier gerne für unser upo Magazin mit Tipps & Hinweisen für #RecruitingStarkMacher ein.