Nach einem deutlichen Dämpfer im Vorquartal bleibt die Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber in Deutschland verhalten. Der saisonbereinigte Netto-Beschäftigungsausblick* für das vierte Quartal 2019 ist mit +6 Prozent relativ stabil. Nach dem Rückgang um vier Prozentpunkte im Vorquartal ergibt sich nun ein Plus von einem Prozentpunkt gegenüber dem dritten Quartal 2019. Gegenüber den Quartalszahlen von vor einem Jahr zeigt sich ein Minus von drei Prozentpunkten. Dies sind Ergebnisse des aktuellen ManpowerGroup Arbeitsmarktbarometers, für das 1.001 Arbeitgeber in Deutschland befragt wurden. "Im zweiten Quartal ist die Wirtschaft in Deutschland leicht geschrumpft und internationale Handelskonflikte belasten die Konjunktur. Dies zeigt sich auch in den zurückhaltenden Beschäftigungsabsichten der deutschen Unternehmen. Viele Arbeitgeber agieren zur Zeit vorsichtiger und halten ihre Belegschaft stabil. Das bedeutet weniger Entlassungen, aber Zurückhaltung bei Einstellungen", sagt Frits Scholte, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland. "Das Arbeitsmarktbarometer zeigt auch, dass die öffentliche Hand und soziale Einrichtungen weiter Pflegekräfte und Kita-Erzieher einstellen wollen. Die Bauwirtschaft plant selbst für den Winter Einstellungen."
Elf Prozent der Unternehmen beabsichtigen im vierten Quartal, Mitarbeiter einzustellen. Im Vorquartal waren es nur acht Prozent, vor einem Jahr aber 14 Prozent. 85 Prozent der Arbeitgeber erwarten von Oktober bis Dezember keine Veränderungen bei der Belegschaft, lediglich drei Prozent wollen Personal abbauen. "Die andauernde Zurückhaltung beim Recruiting ist der unsicheren Konjunktur geschuldet", sagt Scholte. Die Anzeichen für eine bevorstehende wirtschaftliche Talfahrt verdichten sich: Die Handelskonflikte zwischen den USA und China, aber auch mit Europa hinterlassen Spuren. Die Experten des Internationalen Währungsfonds haben in diesem Jahr bereits drei Mal ihre Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft nach unten revidiert. Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal leicht gesunken. Für das Gesamtjahr rechnet die Bundesregierung noch mit einem Plus von 0,5 Prozent – nachdem das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr um 1,4 Prozent gestiegen war. Der Ifo-Geschäftsklima-Index fiel im dritten Quartal stark ab. Der ZEW-Konjunkturindex des Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung brach im August regelrecht ein.
Große Firmen stellen weiter ein – aber in geringerem Umfang
"Die weltwirtschaftliche Großwetterlage bekommen zuerst die international aktiven Konzerne zu spüren", sagt Frits Scholte. Zwar planen 29 Prozent der großen Unternehmen laut Arbeitsmarktbarometer Einstellungen, drei Prozent wollen eher abbauen und 68 Prozent stabil halten. Der Beschäftigungsausblick von +21 Prozent für das vierte Quartal 2019 bedeutet aber ein Minus um acht Prozentpunkte zum dritten Quartal und im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres um 20 Prozentpunkte. Es ist der schwächste Ausblick seit mehr als zwei Jahren. Mittlere und kleine Firmen revidieren ihre Beschäftigungsprognose im Vergleich zum Vorjahr weniger stark nach unten. Kleinbetriebe mit unter 50 Mitarbeitern (+ 10 Prozent) und mittelgroße Unternehmen (+18 Prozent) berichten stabile Beschäftigungsaussichten im vergleich zum Vorquartal. Im Jahresvergleich verlieren sie zwei bzw. sieben Prozentpunkte. liegen bei einem Beschäftigungsausblick von respektablen +10 Prozent, Mittelgroße Unternehmen sind mit +18 Prozent noch positiv gestimmt.
Logistik- und Kommunikationsbranche mit schwächstem Branchenausblick
Den schwächsten Arbeitsmarkt aus allen neun Sektoren sagt die Logistik- und Kommunikationsbranche mit einem Netto-Beschäftigungsausblick von -1 voraus. Das ist ein deutlicher Rückgang sowohl gegenüber dem Vorjahr, als die Branche mit +11% sehr positiv ins letzte Quartal blickte, als auch zum 2. Quartal 2019, was mit +15% den stärksten Wert seit acht Jahren aufwies. "Wenn die Aufträge weniger werden, sparen viele Firmen zuerst bei den Dienstleistern und Zulieferern. Das spiegelt sich in der Branchenentwicklung. Vor allem Logistiker und Kommunikationsfirmen suchen im vierten Quartal dieses Jahres weniger Mitarbeiter als alle anderen Branchen", sagt Scholte.
Nach sehr optimistischen Beschäftigungsaussichten in den vergangenen vier Quartalen zählen die Versorger im Bereich Gas, Strom und Wasser zu den größten Verlierern. Sie sagen einen Netto-Beschäftigungsausblick von nur +2 Prozent voraus. Nur fünf Prozent der Unternehmen planen, neue Mitarbeiter einzustellen. Daraus ergibt sich ein Minus von neun Prozentpunkten zum Vorquartal. Das ist der stärkste Abfall aller untersuchten Branchen im Vergleich zum Barometer für das dritte Quartal 2019.
Industrie unter Druck
Die verarbeitende Industrie muss mit einem Ausblick von +7 Prozent weitere Einbußen hinnehmen: einen Verlust von zwei Prozentpunkten zum Vorquartal und einem Prozentpunkt zum selben Zeitraum im Vorjahr. Lediglich acht Prozent der Firmen wollen einstellen, im Vorquartal waren es noch zehn Prozent; die große Mehrheit will ihre Belegschaft zwischen Oktober und Dezember stabil halten. "Der exportabhängigen deutschen Industrie macht die schwache Weltkonjunktur besonders zu schaffen", sagt Scholte. "Zuletzt ist die Produktion so weit zurückgegangen wie seit einer Dekade nicht mehr. Die Autoindustrie sieht schwere Zeiten auf sich zukommen: Absatzeinbrüche weltweit zwingen Hersteller zum Sparen und treffen auch ihre Zulieferer. Personaleinsparungen und Kurzarbeit sind die Folge. Die Androhungen von Auto-Zöllen seitens der USA vergrößern die Unsicherheiten."
Die Bauindustrie erholt sich im Vergleich zu den Vorquartalen und macht den Einbruch fast wett. Sie steht bei einem Beschäftigungsausblick von hoffnungsvollen +11 Prozent. Das ist ein Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal und nur noch ein kleines Minus von einem Prozentpunkt gemessen am vergleichbaren Vorjahresquartal. 18 Prozent der Bauunternehmen wollen einstellen – so viele wie in kaum einer anderen Branche.
Handel und Gastronomie sind mit einem Wert von +1 Prozent relativ stabil – unverändert zum Vorquartal und einem Verlust von vier Prozentpunkten zum Vorjahr. Lediglich sechs Prozent der Unternehmen wollen zwischen Oktober und Dezember einstellen. "Derzeit wagen die Unternehmen kaum, auf ein gutes Weihnachtsgeschäft zu hoffen. Denn die Zeichen stehen eher dagegen: Das Konsumklima hat sich eingetrübt, der GfK-Index notierte zuletzt auf dem tiefsten Stand seit 2017", sagt ManpowerGroup-Deutschland-Geschäftsführer Scholte.
Die Finanzbranche blickt so verhalten auf das vierte Quartal wie bereits auf das Vorquartal. Sie steht unverändert bei einem Beschäftigungsausblick von +7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Minus von sechs Prozentpunkten.
Öffentliche Hand und soziale Einrichtungen mit stärkstem Wert seit acht Jahren
Den optimistischsten Wert aller Branchen im vierten Quartal 2019 erreichen öffentliche und soziale Einrichtungen: Mit einem Netto-Beschäftigungsausblick von +12 Prozent erreicht dieser Bereich den stärksten Wert der vergangenen acht Jahre. Gegenüber dem Vorquartal wird ein Plus von vier Prozentpunkten realisiert. Und auch im Vergleich zum vierten Quartal 2018 verbessert sich der Wert um drei Prozentpunkte. Damit ist dies der einzige Sektor, der weder im Vergleich zum Vorquartal noch zum Vorjahr verliert. "Im Gesundheitswesen und der Pflege werden Fachkräfte mittlerweile händeringend gesucht. Auch Erzieher für den Kita-Ausbau sind gefragt. In diesen Bereichen stehen Arbeitgeber im Wettbewerb um die Fachkräfte", sagt Scholte.
Regionen: Starker Arbeitsmarkt im Süden, aber Schwächen in München
Nachdem München in den vergangenen drei Quartalen den stärksten Wert aller Regionen erreichte, befindet sich die bayerische Landeshauptstadt auf Talfahrt. Der Beschäftigungsausblick liegt bei -1 Prozent. Das ist der pessimistischste Wert seit mehr als neun Jahren. Er liegt 13 Prozentpunkte unter dem vorangegangenen Quartal wie auch dem Vorjahreswert. Nur noch acht Prozent der Firmen wollen neue Mitarbeiter einstellen. Der Süden Deutschlands hingegen entzieht sich dem Münchener Abwärtstrend und erreicht den stärksten Wert aller Regionen: Der Beschäftigungsausblick liegt bei +12 Prozent, sechs Prozentpunkte höher als im Vorquartal und vier Prozentpunkte höher als im Vorjahr. "Der Süden mit seinem starken Mittelstand entkoppelt sich von der Wirtschaft der bayerischen Landeshauptstadt, für die einige Weltkonzerne von großer Bedeutung sind", sagt Scholte. "Daneben sind Arbeitgeber in München mit noch einer anderen Realität konfrontiert, die ihnen mitunter die Personalplanung verhagelt: Oftmals werden Fachkräfte nicht gefunden oder wollen nicht nach München umziehen, weil die Lebenshaltungskosten hoch und Wohnungen sogar kaum bezahlbar sind."
In Deutschlands Bankenmetropole Frankfurt am Main macht sich der moderate Beschäftigungsausblick der Finanzbranche naturgemäß besonders bemerkbar. Für die Stadt sinkt der Beschäftigungsausblick im Vergleich zum Vorquartal um vier Prozentpunkte auf +4 Prozent. Das Minus im Vergleich zum Vorjahr liegt damit bei sieben Prozentpunkten. Berlin zeigt sich nach Einbußen im Vorquartal mit +9 Prozent wieder recht stabil. Das ist ein Plus um zwei Prozentpunkte zum dritten Quartal 2019. Immerhin 17 Prozent der Berliner Unternehmen planen, neue Mitarbeiter einzustellen – so viele wie in keiner anderen Region.
Das Ruhrgebiet gewinnt einen Prozentpunkt im Vergleich zum dritten Quartal 2019 und steht bei +7 Prozent, gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal verliert es allerdings fünf Prozentpunkte. Der Norden büßt vier Prozentpunkte zum Vorquartal ein und steht bei einem Beschäftigungsausblick von +1 Prozent. Das macht ihn zur schwächsten Region des Arbeitsmarktbarometers. Nur vier Prozent der norddeutschen Firmen planen, ihre Belegschaft zu vergrößern. Der Osten gewinnt gemessen an den beiden Vergleichswerten und steht bei +7 Prozent. Der Westen gewinnt sogar noch etwas stärker hinzu und erreicht +9 Prozent.
Globaler Beschäftigungsausblick
Weltweit bleibt die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen überwiegend positiv. In 43 von 44 untersuchten Ländern und Territorien rechnen die Arbeitgeber im vierten Quartal 2019 mit einem Beschäftigungszuwachs.
Allerdings ist der Beschäftigungsausblick für das kommende Quartal im Vergleich zum Vorquartal in 23 Länder und Territorien gesunken, aber nur in 15 gestiegen. Sechs Länder stehen unverändert da. Am stärksten zeigt sich die Einstellungsbereitschaft im vierten Quartal 2019 in Japan, Taiwan, den USA, Indien und Griechenland. Am wenigsten beabsichtigen Arbeitgeber in Spanien, der Tschechischen Republik, Argentinien, Costa Rica und der Schweiz, Personal einzustellen.
Jobsuchende in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) treffen in 25 der 26 Länder auf positive Beschäftigungsaussichten im bevorstehenden Quartal. Lediglich in Spanien liegt der Beschäftigungsausblick bei 0 Prozent. Im Quartalsvergleich verbessern sich die Aussichten in zehn Ländern, schwächen sich aber auch in zehn ab. Insgesamt sind die Schwankungen im Vergleich zum Vorjahr in fast allen Ländern eher gering. Griechenland und Slowenien schneiden am besten ab mit einem Beschäftigungsausblick von +18 Prozent bzw. +17 Prozent.
Großbritannien zeigt sich trotz der großen Unsicherheiten durch den bevorstehenden Brexit weiter vorsichtig optimistisch. Der Beschäftigungsausblick liegt für das vierte Quartal bei +5 Prozent. Das ist ein Plus um zwei Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal. Seit Anfang 2013 liegt der Ausblick für das Vereinigte Königreich ohne große Ausreißer im Bereich von +4 bis +7 Prozent.
Detaillierte Ergebnisse des ManpowerGroup Arbeitsmarktbarometers für alle teilnehmenden Länder inklusive einer Infografik sind abrufbar unter diesem Link: https://ots.de/ppqgKS