Azubis zieht es in Großbetriebe: Herausforderungen für Kleinstbetriebe im Kampf um Nachwuchskräfte

Ausbildung im Mittelstand. IfM berichtet von Problemen von und Lösungsansätzen für KMUs

Auszubildende zieht es zunehmend in Großbetriebe. Während die Gesamtzahl der Auszubildenden in Deutschland erstmals seit 2020 wieder gestiegen ist und nun über 1,5 Millionen liegt, müssen Kleinstbetriebe (weniger als 10 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte) einen Rückgang ihrer Auszubildendenzahlen um 3,4 % im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Im Gegensatz dazu konnten Großbetriebe (mit 250 und mehr sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten) ihre Azubi-Zahlen um 2,9 % steigern.

Ein langfristiger Wandel im Ausbildungsmarkt

Dieser Trend ist kein kurzfristiges Phänomen. Vor zehn Jahren fand man nur 27,6 % der Auszubildenden in Großbetrieben, während dieser Anteil bis Ende 2023 auf 30,6 % angestiegen ist. Trotz dieser Verschiebung bilden jedoch weiterhin Kleinst-, kleine und mittlere Betriebe (KMU) mit einem Anteil von 69,4 % die Mehrheit der Auszubildenden aus.

Dr. André Pahnke, ein Experte vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM), hebt diese Entwicklung hervor und zeigt sich besorgt über die potenziellen Auswirkungen auf die Ausbildungslandschaft. Wenn Kleinstbetriebe keine Auszubildenden finden und ihre Ausbildungsbereitschaft sinkt, könnte dies langfristig den Fachkräftemangel weiter verschärfen.

Kleinstbetriebe: Rückgang der Ausbildungsbetriebe und Ursachen

Besonders auffällig ist der kontinuierliche Rückgang der Ausbildungsbetriebe unter den Kleinstbetrieben. Diese Entwicklung lässt sich jedoch nicht unmittelbar mit einer sinkenden Ausbildungsbereitschaft gleichsetzen. Oftmals bieten Kleinstbetriebe nur einen einzigen Ausbildungsplatz an, der nicht immer besetzt werden kann. Wenn dies der Fall ist, fallen diese Betriebe aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit heraus, was den Eindruck erweckt, sie würden weniger ausbilden.

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Das tatsächliche Problem liegt tiefer: Viele Kleinstbetriebe kämpfen um ihre Existenz und sind stark auf ihre eigenen Fachkräfte angewiesen. Wenn sie über längere Zeit keine Auszubildenden finden oder diese nicht halten können, besteht die Gefahr, dass sie sich vollständig von der Ausbildung zurückziehen.

Auswirkungen auf den Fachkräftemangel

Ein weiterer besorgniserregender Aspekt ist der regionale Unterschied in der Ausbildungsquote, also dem Anteil der Auszubildenden an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Ende 2023 wurden die meisten Auszubildenden in den westdeutschen Bundesländern Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen ausgebildet, während die Stadtstaaten Hamburg und Berlin sowie Ostdeutschland geringere Ausbildungsquoten aufwiesen.

Dieser regionale Unterschied könnte den Fachkräftemangel in Deutschland weiter verschärfen, besonders in Regionen, in denen die Ausbildungsquote bereits niedrig ist. Unternehmen in diesen Gebieten könnten Schwierigkeiten haben, ihren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zu decken, was sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken könnte.

Lösungsansätze für Kleinstbetriebe

Um Kleinstbetriebe in diesem schwierigen Umfeld zu unterstützen, sind innovative Ansätze erforderlich. Zum einen könnten staatliche Förderprogramme helfen, die Ausbildungsplätze attraktiver zu gestalten. Zum anderen wäre es wichtig, dass Kleinstbetriebe engere Kooperationen mit Berufsschulen und anderen Bildungseinrichtungen eingehen, um potenzielle Auszubildende frühzeitig anzusprechen.

Zusätzlich könnten Kleinstbetriebe von flexibleren Ausbildungsmodellen profitieren, die es ihnen ermöglichen, auch in schwierigeren Zeiten Ausbildungsplätze anzubieten. Ein Fokus auf digitale Ausbildungsmöglichkeiten und praxisnahe, projektorientierte Ausbildung könnte zudem dazu beitragen, die Attraktivität dieser Betriebe für junge Talente zu erhöhen.

Der Wettbewerb Azubis bleibt hart

Der Trend, dass Auszubildende vermehrt in Großbetriebe streben, stellt Kleinstbetriebe vor große Herausforderungen. Dennoch bilden sie weiterhin das Rückgrat der beruflichen Ausbildung in Deutschland. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und den Fachkräftemangel zu bekämpfen, müssen Kleinstbetriebe innovative Wege finden, um ihre Ausbildungsplätze attraktiv zu halten und potenzielle Auszubildende zu gewinnen.

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