Immer wieder hören wir von Personalern und Personalverantwortlichen, dass es schwerer wird, die passenden Mitarbeiter zu finden. Gleichzeitig stellen wir oft fest, dass nicht einmal so richtig klar ist, wer eigentlich gesucht wird. Und selbst wenn das umschrieben werden kann, wissen Arbeitgeber über die Erwartungen der jeweiligen Bewerberzielgruppe oft recht wenig. Häufig gehörte Begründung: Wir haben keine Zeit dafür – und auch nicht, uns über aktuelle Studien zu informieren oder Workshops, Seminare oder Webinare zu besuchen. Dabei könnten entsprechende Ergebnisse von Recruiting-Studien so manchen Arbeitgeberauftritt aufwerten und so dazu beitragen, als Arbeitgeber zu punkten. Hier drei Beispiele von vielen möglichen:
Studie “Inside Heilberuf” der apoBank
Die apoBank ließ im August 2016 Apotheker, Ärzte und angehende Heilberufler (n=500) befragen, was ihnen im Leben wichtig ist und wie sie ihren Beruf sehen. Familienleben und Partnerschaft hat höchste Priorität gefolgt von finanzieller Sicherheit und Altersvorsorge. Karriere, gesellschaftlicher Status oder repräsentativer Lifestyle haben deutlich weniger Bedeutung. Ein Viertel der angestellten Heilberufler planen in den nächsten Jahren Familie und ein gutes Drittel Kindererziehung. Das gilt unterschiedlich stark ausgeprägt für männliche wie für weibliche Befragte.
Im beruflichen Alltag streben sie vor allem nach mehr Einkommen und Zeit für Kunden/ Patienten. Ähnlich wichtig sind ihnen Entscheidungsfreiheit sowie flexible Arbeitszeitgestaltung. Und ebenfalls recht hohe Werte erhalten Fort- und Weiterbildung sowie Austausch mit Kollegen. Zwischen den verschiedenen Berufsgruppen (Allgemein-, Fach-, Zahnärzte und Apotheker) und Geschlechtern gibt es jedoch Unterschiede in den Schwerpunktsetzungen.
Soweit die wesentlichen Studienergebnisse. Analysiert man z.B. Karriereseiten von Krankenhäusern als eine Form des Online-Arbeitgeberauftritts, wie wir es in unserer Studie zur Online Recruiting Praxis von Krankenhäusern (#OReP 15, n=63) getan haben, stellt man fest:
- Fast ein Viertel hält sich mit Informationen zu Arbeitsbedingungen stark zurück und informiert nicht über Themen wie Arbeitsklima, Vergütungs- und Arbeitszeitstrukturen oder Qualifizierungsmöglichkeiten, weitere 48% nur teilweise.
- Obwohl es gerade in Krankenhäusern sehr heterogene Bewerbergruppen geben kann, werden die Informationen auf den Krankenhaus-Karriereseiten wenig differenziert. Einzige Ausnahme: Informationen für Auszubildende werden meist gesondert präsentiert, ansonsten aber die Bewerber „über einen Kamm geschoren“.
Gesundheitseinrichtungen könnten somit deutlich bei Bewerbern aus Heilberufen punkten, wenn Sie z. B. auf die finanzielle Absicherung jetzt und im Alter durch Aussagen zu ihrem Vergütungssystem und zu den Altersvorsorgeangeboten eingehen würden. Weitere Pluspunkte könnten durch Umschreibung der Arbeitszeitmodelle und Weiterbildungsamöglichkeiten gesammelt werden oder durch Hinweise über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und wenn man dann noch schaut, welche Zielgruppe welche primären Bedürfnisse hat, kann man auch die Informationsschwerpunkte bzw. -gewichtungen entsprechend gestalten.
Studie Yourfirm “Catch the Millennial”
Die Studie hat unter anderem untersucht, welche CSR (Corporate Social Responsibility) -Inhalte die Generation Y besonders ansprechen. Es zeigt sich, dass soziales Engagement nicht nur die Arbeitgeberattraktivität steigert, sondern auch die Bewerbungsintension fördert. Dabei interessieren insbesondere Maßnahmen, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen. Das sind insbesondere Maßnahmen, die einen fairen und verantwortungsbewussten Umgang mit Mitarbeitern beschreiben. Dazu gehören z.B. Work-Life-Balance, Gesundheitsförderung, Diversität und Chancengleichheit, Personalentwicklung und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter. Maßnahmen, die sich auf externe Zielgruppen ausrichten, wie z. B. die Unterstützung von Sport-/Kulturevents oder sozialen Projekten haben eine geringere Bedeutung.
Interessante und wichtige Ergebnisse, aber wie gehen Unternehmen auf Karriereseiten und in Stellenanzeigen mit dem Thema CSR um? Auch hierzu können wir Tendenzaussagen aus den OReP15-Studien ableiten. Hier haben wir die Online Recruiting Praxis verschiedener Unternehmen im Mittelstand (n=48), im Gesundheitswesen (n=63) sowie aus dem Bereich IT- und Ingenieurdienstleister (n=30) analysiert. Fakt ist, dass 45,8% der analysierten Mittelständler, mehr als 80% der Krankenhäuser und 50% der IT- und Ingenieurdienstleister keine Angaben zur ihren CSR-Aktivitäten machen.
Darunter sind sicher einige, die tatsächlich keine Aktivitäten unternehmen. Aber auch viele, die nur verpassen, dies auf ihrer Karriereseite oder in Stellenanzeigen zu erwähnen und zu untermauern. Und auch hier gilt: je konkreter man die Aussagen formuliert, desto besser. Statt nur darüber zu sprechen, dass man Gesundheitsförderung großschreibt, kann man z.B. kundtun, dass man als Kollegenteam einmal im Jahr gemeinsam bei einem Hospizlauf an den Start geht oder Obst und Mineralwasser gratis bereitstellt.
Softgarden-Studie zur Nutzung von Arbeitgeberbewertungsplattformen
Ein Anteil von 45,7% der teilnehmenden Bewerber dieser Studie (n = 2.085, Zeitraum 02-03/2017) geben an, sich auf Arbeitgeberbewertungsplattformen über Arbeitgeber zu informieren. Davon schätzen 72,1% diese als (sehr) verlässliche Informationsquelle ein, wobei Textkommentare höher bewertet werden als einfach Sternchenbewertungen. Besonderes Augenmerk legen die Befragten auch auf Arbeitgeberreaktionen gerade bei kritischen Kommentaren.
Greifen wir ein letztes Mal auf die Studie zur Online Recruiting Praxis zurück und schauen, wie Arbeitgeber auf Arbeitgeberbewertungsplattformen – am Beispiel von kununu – repräsentiert sind und mit Einträgen dort umgehen:
- Die betrachteten IT-/Ingenieurdienstleister sind flächendeckend auf der Plattform kununu vertreten, geben aber zu 50% keine Kommentare zu Bewertungen ab.
- Bei den bewerteten Krankenhäusern sind nur 54% auf der Arbeitgeberbewertungsplattform zu finden, Kommentare auf Bewertungen hat keines der Häuser abgegeben.
- Und im Mittelstand? Nur 6% der betrachteten Mittelständler sind nicht auf kununu vertreten; aber fast 80% lassen Aussagen von Arbeitnehmern/Bewerbern unkommentiert.
Wenn ein recht ansehnlicher Anteil an Bewerbern sich auf Arbeitgeberbewertungsplattformen wie kununu umschaut und insbesondere auch das aktive Kommentieren im Blick hat, dann sollte man als Arbeitgeber hier zu finden sein und eigene Aktivitäten zeigen. Ersteres kann man erreichen, indem man Mitarbeiter und Bewerber motiviert, den Arbeitgeber hier zu bewerten. Letzteres setzt voraus, dass man regelmäßig die Einträge beobachtet und schnell, wertschätzend und substanziell darauf reagiert.
Recruiting Qualitäter machen es anders
Die Liste potenziell hilfreicher Recruiting-Studien kann man weiter fortsetzen. Ebenso gibt es zahlreiche Belege, dass viele Arbeitgeber weit entfernt davon sind, zielgruppenorientierte Karriereseiten und Stellenanzeigen zu formulieren. Aber es gibt auch die andere Seite derjenigen, die das gut hinbekommen und die unterscheiden sich unserer Erfahrung nach hierdurch:
- Sie machen sich ihre Zielgruppe(n) bewusst und beschreiben ihre sogenannte(n) Candidate Personas.
- Sie beschaffen sich relevante Informationen zu der/den Candidate Personas und nutzen dazu insbesondere einschlägige aktuelle Recruiting-Studien zu Interessen, Vorstellungen und Erwartungen ihrer Zielgruppe(n).
- Sie greifen genau diese Erkenntnisse auf und kommunizieren online und im persönlichen Kontakt darüber, was sie zu diesen Themen zu bieten oder vorhaben. Das machen sie dann auch an konkreten Beispielen fest und unterstreichen das wo möglich durch Visualisierungen und Testimonials.
- Und sie führen regelmäßige objektive Status-/Standortbestimmung in Bezug auf diese Aspekte durch: z.B. durch einen Benchmark mit wichtigen Wettbewerbern. So wie das z.B. 2015 einige Unternehmen nach der OReP-Studie getan haben und auch im Rahmen der upo Benchmark-Angebot Recruiting Check 2017 wieder vorhaben.
Natürlich ist Studie nicht gleich Studie; darauf haben wir schon in dem Beitrag “Worauf wir Studien- und Umfrageergebnisse im Recruiting kritisch beleuchten sollten” hingewiesen und auch ein paar Merkmale zur Einordnung der Qualität von Recruiting-Studien zusammengestellt. Für alle, die sich jetzt doch mal näher mit aktuellen Recruiting-Studien beschäftigen möchten, haben wir eine Linkliste 1. Quartal 2017 zusammengestellt.
* Auch wenn wir zu Gunsten der Lesbarkeit auf die gleichzeitige Nutzung aller Genderformen verzichten, meinen wir immer alle Geschlechter.